Der Terminus Brodie-Abszess (BA) beschreibt eine Form der subakuten Osteomyelitis, die in den meisten Fällen die unteren Gliedmaßen betrifft. Lokale Symptome umfassen eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit und Schwellung; systemische Symptome sind in der Regel nicht festzustellen. Die Diagnosestellung wird dadurch erschwert, dass sowohl benigne als auch maligne Tumoren zu ähnlichen klinischen und bildgebenden Befunden führen können. Die Therapie erfolgt chirurgisch durch Resektion des Abszess und Auffüllung des Substanzdefekts.
BA-assoziierte Symptome entwickeln sich schleichend und beeinträchtigen den Patienten in seinem Alltag kaum, weshalb diese seltene Form der subakuten Osteomyelitis oft erst spät diagnostiziert wird [1] [2] [3]. Per definitionem handelt es sich um einen gut abgegrenzten, intramedullären Abszess, der lokal zur Lyse der ossären Struktur führt. Es besteht keine Umfangsvermehrung des Knochens, möglicherweise aber eine lokale Weichteilschwellung. Diese geht mit einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit einher, löst aber keine konstitutiven Symptome aus. Schüttelfrost und Fieber, wie sie bei anderen entzündlichen Erkrankungen auftreten, sind nur bei sehr wenigen BA-Patienten festzustellen [1] [2] [4]. Die lokalen Symptome bestehen allerdings oft über Monate, mitunter über Jahre, bis eine treffende Diagnose gestellt und eine adäquate Behandlung eingeleitet wird [3].
Betroffen sind hauptsächlich junge Menschen im Alter von unter 25 Jahren, mit einer leichten Prädilektion beim männlichen Geschlecht [1] [2] [5]. Am häufigsten werden BA in den Metaphysen der langen Röhrenknochen der Beine entdeckt, und hier vor allem in der Tibia [2] [4] [5] [6]. Ein vorangegangenes Trauma mag die Entstehung des Abszesses erklären und sollte daher in der Anamnese erfragt werden [2] [7]. Grundsätzlich handelt es sich jedoch um einen infektiösen Prozess und als wichtigstes kausales Pathogen ist Staphylococcus aureus zu nennen. Weiterhin wurden koagulase-negative Staphylokokken sowie gramnegative Erreger wie Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa aus BA isoliert [1] [4].
Aufgrund der unspezifischen und in der Regel geringgradigen Symptomatik ist das Erkennen eines BA eine diagnostische Herausforderung. Differentialdiagnostisch kommen verschiedene primäre Knochentumore und möglicherweise auch Metastasen infrage, deren frühe Identifikation die Prognose für den Patienten wesentlich verbessert [1]. Deshalb sind die oben beschriebenen, eher "unspektakulären" Symptome durchaus ernst zu nehmen und bedürfen einer detaillierten Aufarbeitung.
Dazu sind im Patientengespräch zunächst genaue Angaben zum Krankheitsverlauf einzuholen. Wie oben erwähnt, ist nach Traumata im betroffenen Bereich zu fragen, aber der Patient mag sich an solche nicht erinnern, wenn die Symptome seit langer Zeit bestehen. Im Anschluss daran sind bildgebende Studien anzustellen. In Röntgenaufnahmen stellt sich ein BA als gut abgrenzbare Masse mit Weichgewebestruktur dar, wobei um eine lokal verminderte Röntgendichte im Knochen ein sklerotischer Rand zu sehen ist. Reaktionen des Periost und Umfangsvermehrungen sind nicht typisch für BA [4] [6]. In der Magnetresonanztomographie ist das sogenannte Penumbrazeichen zu erkennen, d.h. das Zentrum des Abszesses zeigt sich in T1-gewichteten Aufnahmen hypointens, in T2-gewichteten Aufnahmen aber hyperintens, die Randzone dagegen immer hypointens. Dieses Penumbrazeichen gilt als stark hinweisend auf, jedoch nicht pathognomonisch für einen BA [4] [7].
Die mikrobiologische Untersuchung von Material, das aus dem Abszess entnommen wurde, oder von Blutproben, kann wertvolle Resultate liefern, bringt allerdings oftmals falsch negative Ergebnisse [1] [2] [4].